Samstag, 5. Mai 2012

Goethe - Werther

Johann Wolfgang von Goethe – Die Leiden des jungen Werther
1774
→ INHALT

Der 1774 erschienene Briefroman »Die Leiden des jungen Werther« von Johann Wolfgang von Goethe spielt in der Zeit um 1771 in der deutschen Kleinstadt Wahlheim und handelt von dem jungen Rechtspraktikanten Werther, der sich unglücklich in die bereits verlobte Lotte verliebt und am Ende Selbstmord begeht. Seine Gedanken und Handlungen hält er in den Briefen an seinen Freund Wilhelm fest.

Werther ist ein junger Mann, der bisher noch kein richtiges Lebensziel hat. Um dem Stadtleben zu entfliehen, lässt er sich in der kleinen Stadt Walheim nieder. Sein Wunsch ist es Künstler zu werden, weshalb er viel durch die Natur umherschweift und seine Eindrücke in seinen Zeichnungen festhält.
Nach einiger Zeit lernt er einen Beamten kennen, der ihn zu sich einlädt, doch Werther schiebt den Besuch auf und vergisst ihn letztlich. Als er eines Tages mit einer Gesellschaft mit einer Kutsche auf dem Weg zu einem Tanzvergnügen auf dem Land ist, hält die Gesellschaft am Haus des Beamten an, um seine Tochter Lotte abzuholen. Als Werther Lotte erblickt, ist er ganz begeistert von ihr und wie sie mit ihren Geschwistern umgeht. Auf dem Ball angekommen, schlägt Lotte Werther vor mit, ihr den Tanz des »Deutschen« zu tanzen.
Beide verstehen sich auf Anhieb sehr gut. Als Lottes Freundinnen bemerken, dass zwischen Werther und Lotte eine Liebelei anzufangen scheint, erinnern sie Lotte an Albert. Werther erfährt, dass Lotte so gut wie verlobt ist mit dem Beamten Albert, der elf Jahre älter ist als sie und der gerade verreist ist um seine Familienangelegenheiten in Ordnung zu bringen. Werther verliebt sich trotz allem immer mehr in Lotte, obwohl er weiß, dass es eine unglückliche Liebe ist. Er sucht immer mehr ihre Nähe, bis eines Tages Albert von seiner Reise zurückkehrt. Erst dann ändert sich die Stimmung bei Werther allmählich, da ihm klar wird, wie hoffnungslos seine Liebe für Lotte ist. Werther kann es nicht ertragen, Lotte und Albert zusammen zu sehen und er verlässt Wahlheim wieder, um für einen Gesandten zu arbeiten.
Doch die Arbeit bietet Werther keine Erfüllung und auch die strenge adelige Gesellschaftsordnung wird ihm zu viel. Er kehrt nach Wahlheim zurück und erfährt, dass seine geliebte Lotte mit Albert verheiratet ist. Er besucht Lotte aber immer wieder, bedrängt sie regelrecht. Lotte macht Werther klar, dass er sie nicht besuchen soll, wenn Albert nicht da ist. Doch Werther hält sich nicht an Lottes Bitte und besucht sie erneut. Bei diesem Besuch kann er seine Gefühle nicht mehr unterdrücken und küsst Lotte. Doch Lotte löst sich aus seiner Umarmung und flieht, von ihren eigenen Gefühlen überwältigt, in ein Nebenzimmer. Für Werther ist klar, dass Lotte ihn auch liebt, aber seine Gefühle nicht offiziell erwidern kann.
Werther beschließt sich umzubringen, um Lotte die Freiheit zu geben, ein Leben mit Albert zu haben und um seine Liebe zu ihr für immer festzuhalten. Unter einem Vorwand schickt er seinen Knecht zu Albert, um sich seine Pistolen zu leihen. Lotte scheint zu ahnen, was Werther vorhat und gibt dem Knecht nur zögernd die Waffen. Mit einer von Alberts Pistolen schießt er sich auf seinem Zimmer in den Kopf. Am nächsten Tag erliegt er seiner Schussverletzung.

Goethes Briefroman zeigt deutlich die Gesellschaftsordnung des 18. Jahrhunderts. Mit der Figur Werthers bricht er mit der Ordnung und den Regeln, die damals herrschten. Auch der Selbstmord ist ein klarer Bruch mit den Konventionen, die damals herrschten.


→ PERSONEN

Werther
Da der Roman zur Hauptsache aus Werthers Briefen an Wilhelm besteht, fehlen dem Leser die Vorkenntnisse: Man erfährt nichts Genaues über Werthers Aussehen, sein Alter oder seinen Werdegang. Vermutlich ist er jünger als zwanzig und von ansprechendem Aussehen, denn er gefällt nicht nur Lotte. Von seiner Familie werden nur Mutter und Tante erwähnt.
Werther besitzt weitläufige Kenntnisse - er spricht Griechisch und kennt berühmte Kunsttheoretiker ebenso wie anerkannte Theologen der Zeit. Er neigt zur Reflexion, zur gedanklichen Erfassung der Welt, wie seine Vorliebe für Sentenzen bestätigt. Werther steht der Wissenschaft skeptisch gegenüber und setzt eher auf sein Gefühl als auf den Verstand. Seine künstlerische Begabung zeigt sich darin, dass er zeichnet und die Literatur liebt, zumal Homer und Ossian, den er auch übersetzt.
Um sein finanzielles Auskommen braucht er sich nicht zu sorgen, er stammt aus einer Familie des gehobenen Bürgertums. Nicht um Geld zu verdienen tritt er in die Dienste des Gesandten, sondern weil er von Lotte weg will. Doch wäre es verkehrt, in Werther den verwöhnten Sohn aus gutem Hause zu sehen, der es sich leisten kann, sein Leben der Liebe zu widmen.
Werthers Vorliebe für Kunst und Natur hat damit zu tun, dass er der Gesellschaft und dem Verhalten der Menschen unter einander in manchem kritisch gegenüber steht. Er leidet nicht nur an der Liebe, der Titel des Romans bezieht sich auch auf Konflikte im sozialen Bereich. Werther kritisiert, dass sozial Höhergestellte sich vom einfachen Volk fernhalten. Er kennt diesen Hochmut nicht. Er macht sich darüber lustig, wie jeder strebt, in der Hierarchie aufzusteigen, und wie wichtig es ist, einen Stuhl näher am Grafen oder Prinzen sitzen zu dürfen. In stört der Streit, der aus der Konkurrenz entsteht, und die Angeberei mit der eigenen hohen Geburt. Werther akzeptiert nicht, dass Herkunft wichtiger sein soll als Charakter, Bildung oder Fähigkeit.
Werther sucht sich seinen Gott in der Natur und Trost in der Literatur. Er lehnt Religion und deren Praxis nicht ab, er ist auch kein Atheist. Das Problem ist, dass Werther für seine Zeit zu modern ist, als dass er sich christlicher Tradition kritiklos unterordnen könnte.


Lotte
Lotte wird von Werther als besonders hübsch empfohlen. Sie bekennt ihre Leidenschaft für Musik und Tanz und sie liest gerne Romane, in denen sie sich wiederfindet. Da sie für dieselben Autoren schwärmt, weiss Werther, dass sie ihm seelenverwandt ist.
Während Werther auf sich gestellt ist, bewegt sich Lotte in einem festen sozialen Rahmen, der ihr Halt gibt. Lotte ist eine gute Christin. Dass sie in christlichen Moralvorstellungen erzogen wurde, trägt dazu bei, dass sie Albert die Treue hält.


Albert
Goethe stellt Albert als Kontrastfigur zu Werther dar. Der Gegensatz zeigt sich in Einstellung und Lebenserfolg:
Während Werther bei Hofe scheitert, ist Albert dort erfolgreich
Während Werther Selbstmord akzeptiert, lehnt Albert in ab
Während Werther auf den Seiten der Leidenschaften steht, vertritt Albert die Vernunft
Während Werther von Stimmungen abhängig ist, bleibt Albert immer er selber
Trotz guter Eigenschaften wirkt Albert auf den Leser etwas zu solide gesetzt. Und das nicht nur, weil er aus Sicht Werthers geschildert wird. Albert ist der rationalere und strebsamere Typ, ihm fehlt es aber an Werthers Feuer und Phantasie.
Gewiss ist der zuverlässige und in sich ruhende Albert eher derjenige, mit dem sich eine Familie gründen lässt, während man sich den sprunghaften Werther in dieser Rolle schwer vorstellen kann.

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